Der Holzerather Dialekt

Hinweise zu Schrift und Aussprache


Mit Rücksicht auf alle Beteiligten wird die Aussprache hier nur sehr unwissenschaftlich umschrieben. Von echter Lautschrift wird abgesehen, weil wir sie nicht schreiben können. (Der offizielle Grund ist, daß diese nur sehr schwer in das Web-Format umzusetzen ist.) Was hier in eckigen Klammern angegeben wird, sind leicht umzusetzende Hilfestellungen, die wie normales Hochdeutsch gelesen werden können.

Der Knackpunkt in der Aussprache sind ganz klar die Umlaute (ä, ö, ü):
Sie werden generell weniger spitz als im Hochdeutschen ausgesprochen. Dem wird hier gelegentlich durch die Verwendung von Ligaturen (ae, oe, ue) statt Umlauten (ä, ö, ü) Rechnung getragen. Die Ligaturen werden hier und da in den Begriffen verwendet, teilweise aber auch nur als Erklärung in den eckigen Klammern, um die Wörter selbst lesbar und schön zu halten.

Beispiel: in dem Wort „Röder“ (= Holzerather) klingt das „ö“ nicht wie in „Römer“, sondern eher wie das „ea“ im englischen Wort „earn“. (Leider gibt es diesen Laut gar nicht im Hochdeutschen.) Auch das „ae“ im Kurznamen „Haemmi“ klingt nicht mit dem „ä“ von „Hämmern“, sondern dieses „ä“ klingt wie das das „E“ in „Erle“.

Aus dem Wortschatz

Auch wenn der Holzerather Dialekt sicher nicht so schnell ausstirbt (Kinder und sogar Kleinkinder lernen es wieder), sehe ich Grund zur Annahme, daß ein paar schöne aussagekräftige Wörter in Vergessenheit geraten könnten. Soweit nicht schlimm, aber ein bißchen schade. Daher hier ein paar nicht (mehr) alltägliche „Brocken“. Vielleicht reicht es ja irgendwann mal für ein Online-Lexikon.

Ädem
[Aedem] (n)
Schwiegersohn.

allgebooht
(a) Immer wieder.
Beispiel: Dä Jong elo hoett ewwer allgebooht en Kahp oenn. (Dieser Bube hat aber auch immer eine Kappe an.)

Dëlpes
Depp, Narr, Doofi.

d’ënnischt d’earwischt
(a) Auf dem Kopf stehnend; vertikal verdreht; „das unterste zu oberst“

Dong-Dill

(n) Seitenplanke auf einem Mistwagen

Et Blähtschi

Wörtlich: Das Blättchen, bezeichnet das heißbegehrte Amtsblatt der Verbandsgemeinde Ruwer

Fatzbeidel
(n) Gammler, ungepflegter Mensch, schlecht angezogener Mensch.
Herleitung: Fatz (Lumpen, Lappen), Beidel (Beutel)
Beispiel: Dou lähfs ewer loh remm wie e Fatzbeitel. (Du läufst aber daher wie ein Gammler.)

gammer
(adj) Hart, zäh, schwer.

Gehanstrauwen
(n) Johannisbeeren

geh
1. (adj) Steil ansteigend.
Beispiel: Op Bokkels gaeht et ziemlich geh eropp. (Der Weg zum Neubaugebiet ist ziemlich steil.)
2. (v) gehe, d.h. 2. Person Singular von „gehen“.

Interessante häufige – eigentlich widersprüchliche – Formulierung:
Komm geh!
(Nun los, geh weg! Oder: Jetzt aber.)

gilliem
(adj) Schnell.

Hänk
[Hänck], ausgespr. wie der amerik. Name Hank
(n) Sause, exakter: Hängenbleiben (auf dem Festplatz oder in der Kneipe).
En Hänk machen [n’hänck mahn] = ähnlich wie En Sämms hahlen (-> Sämms), jedoch meist mit einer „Terminüberschreitung“ verbunden.

himmeln
(v) Kaputt machen, zerstören, durch unsachgemäßen Gebrauch schädigen. Bezieht sich oft auf Fahrzeuge wie Fahrrad oder PKW. Hat mit „anhimmeln“ nicht direkt zu tun (eher im speziellen).

Hiwwel
(n) Hang, Hügel. Daraus (im Zusammenhang mit der Wohnlage) leitet sich auch der Sippen-Name „Hiwweln“ ab.

hosterisch
(adj) Hektisch, ungeduldig, mit wenig Umsicht, im Zusammenhang mit dem verrichten von Arbeit o.ä.

hottisch
(adv) bald, in Kürze

idderien
(v) wiederkäuen (bei Rindern)

Krompere’stippscher
(n) Ein Klassiker unter den regionalen Gerichten. Kaum über die Grenzen der Pfarrei bekannt: Man nehme geriebene Kartoffeln (Kromperen), presse sie durch ein Tuch aus und stelle einen Knödelteig her (Ei, Salz, Petersilie, …). Zwischen den Händen gerieben ergeben sich daraus kleine „Stippchen“, die man in Salzwasser ziehen läßt und mit gebräunter Butter serviert.

Lompe-Krehmer

(n) Lumpensammler, eigentlich sind aber die Schrott-Entsorger gemeint, die am Samstag-morgen mit den blau-gepinelten LKWs und lauter Schelle ihren Dienst anbieten.

mëll
(adj)
1. gar, durchgekocht
2. fertig. Z.B.: Watt bëss dou aeso mell! (Man, bist du fertig.)

Panz
(n) (Mehrz.: Pänz)
1. Bauch (vielleicht von Pansen)
2. Kind, Junge, Lausbub (dä Jong aeloh ess ewer en Panz)

Panzpein
(n) Bauchweh

pätschen
(v) Quetschen, zwicken, kneifen.
Redewendung: Pätsch zou, Jong. (Am besten zu umschreiben mit: Halt den Ball flach.)

pehrteln
(v) Rein und raus pendeln.
Hehr off se pehrteln! Komm erönn on mach dae Poart zou.
(Hör‘ auf rein und raus zu laufen. Komm rein und mach die Tür zu.)

pöhlerieht
(adv) Direkt, unmittelbar, „schnurstracks“.
Klassisches Zitat: „Mikrowellen kommen oeus em Kosmos pöhlerieht oen em Fihnschi sein Mikrowell.“

Puhpes
(n)
1. Unsinn, Nonsens, Blödsinn, überflüssige Handlung.
2. Hintern

Sämms
Sause, Zecherei
En Sämms hahlen = Eine Sause machen. Vgl. auch Hänk

resseln
(v) Schütteln. Auch (bildlich): Aeich hö‘ groed emohl dae Kopp geresselt. = Ich habe mich soeben übergeben.

Schetz
Gemeindediener.

Schick
(n) Kautabak. Entsprechend: schicken = Kautabak kauen.
Metaphorisch: Do gaett aehm jo dae Schick souer = Da wird einem ja der Kautabak sauer (etwas ist sehr schlecht, unangenehm, häßlich o.ä.).

schlubern
[schluh’baen] (v)
trinken (i.d. Regel alkoholische Getränke), einen trinken
Beispiel:
Komm mer gehn emol aehne schlubern. (Komm‘ wir gehen mal einen trinken.)
Jong, dänn hött ewer gout aehne geschlubert. (Junge, Junge, der hat aber ganz schön einen getrunken.)

Schnur
[Schnuae] (n)
Schwiegertochter.

Sämms
Sause, Zecherei
En Sämms hahlen = Eine Sause machen. Vgl. auch Hänk

Tenkert
(n) Küchengerät aus Holz zum Zerbreien von Kartoffeln und dergleichen.

wurm-aehzisch
(adj) „wurm-ätzig“, wurmstichig (befallenes Obst).

tranteln

(v) Langsam machen, schlendern, sich langsam bewegen.

Trohter
(n)
1. Blasinstrument, meist Trompete, Tenorhorn, Bariton oder Tuba.
2. Eine langsame (meist weibliche) Person. Wat es dat Mähtschi lo en Trohter = Ist das ein 
lahmes Weib.

Wehlen
(n) Heidelbeeren

Weitere Anmerkungen zum Roeder Platt von Markus Döhr.

Provinzdörfer zeichnen sich oft dadurch aus, daß jedes Dort seinen eigenen – wenn auch für einen Außenstehenden nicht hörbaren – Dialekt ‚im Laufe der Jahrhunderte‘ entwickelt hat. So heißt zum Beispiel das Bonbon in Holzerath ‚Zockerstähn‘ , in Schöndorf ‚Guzien‘ und in Bonerath ‚Zockerböhn‘ (hier muckt der Co-Autor … naja). Es soll Leute geben, die innerhalb eines kurzen Gespräches erkennen können, woher der entsprechende ‚Besucher‘ stammt. Viele Ausdrücke haben mit dem Ursprünglichen nicht mehr viel gemein, sind vielmehr im übertragenen Sinne zu verstehen. Ich möchte hier ein paar der originellsten bzw. ureigensten Holzerather Ausdrücke vorstellen, damit auch diejenigen, die NICHT in der Poar wohnen, auch ein Verständnis dafür erlangen, was in Holzerath untereinander geredet wird.


Boxenidderisch
Hiermit bezeichnet man das, was man findet, wenn man eine Hosentasche nach links krempelt. Die Flusen und die Krümel, die man dann zu Gesicht bekommt ist der ‚Boxenidderisch‘.

Träkisch Krompern
Träkisch = schmutzig. Hiermit sind Kartoffeln gemeint, die man einfach ohne zu schälen kocht und die dann mit Schale gegessen werden (*würg*). Für echte Holzerather eine Delikatesse, für mich persönlich eher nicht.

Hänne-vier-wie-hejer
Wörtlich übersetzt „hinten vorne wie höher“. Hiermit sind Kleidungsstücke gemeint, bei denen man weder erkennen kann, wo hinten und vorne ist, noch wie sie getragen werden (wo oben und unten ist). Im Allgemeinen wird dieser Ausdruck viel bei der Kleidung der jüngeren Generation gebraucht.

Bupperrenkelschie‘
„Marienkäfer“.
Anm. d. Co-Autors: In Bonerath wird dieser gesprenkelte Zeitgenosse auch „Bibberihnschi“ genannt.

Bubeller
„Schmetterling“. DasWort stammt von „Propeller“, obwohl man ja einen Flugzeugpropeller nicht mit den zaghaften Flügelschlägen eines Schmetterlings vergleichen kann.

Sähsch-Ohmes
Damit ist eine Ameise gemeint. ‚Sähschen‘ bedeutet im übetragenen Sinne ‚urinieren‘ – wenn die Ameise also ihr Gift versprüht.

Empern – Ärpern – Brohmern
Himbeeren – Erdbeeren – Brombeeren. Warum man hier das ‚H‘ verschluckte, habe ich nicht rauskriegen können.

Gröhßgrein – dä Motter selejf

Wörtlich übesetzt „Grasgrün – der Mutter zuliebe‘. Hiermit möchte man zynisch bekanntgeben, daß man diese grüne Kleid der Nachbarin doch so beneidet, daß man es aber selbst nie anziehen würde.

‚Söh Gröht – säht Bongertz Alitz‘